Sonntag, 15. Mai 2011

SVV... und ich

Ja, ich verletze mich. Und das auf vielfältige Art und Weise.
Ich sehe mich weder als „Pro“ noch als „Contra“… am ehesten vielleicht noch „with“ in dieser Beziehung. Vielleicht auch eher innerlich “pro” und äußerlich “with”? Egal...
Wenn ich mich verletze, dann mach ich es, weil ich es möchte. Nicht, weil ich nicht anders kann oder die Klinge wie von Geisterhand in meinen Arm gehüpft ist.
Ich muss oft schmunzeln, wenn ich irgendwo mal wieder lese "...und dann musste ich mich schneiden..." Ich persönlich wurde noch nie dazu gezwungen. Ich habe vielleicht den Drang, vielleicht erscheint es mir auch "richtig" in dem Moment. Aber ich muss doch nicht!
Nein, es ist einfach meine Art mit bestimmten Emotionen und Gedanken umzugehen.
Und ich glaube, wenn ich völlig auf die Gefühle meiner mir nahestehenden Mitmenschen scheißen würde, dann würde ich es sehr viel öfter, geplanter und genüsslicher betreiben.
Doch durch diese mitfühlende Eigenheit geleitet, beschränke ich mich dann doch eher auf ein Minimum. Aber wenn es für mich nötig ist, dann ist es so und dann mach ich es auch gern.
(Nicht, dass das falsch rüber kommt – mein Mann akzeptiert mein Schneiden sehr wohl. Er weiß, objektiv gesehen, dass er nicht daran Schuld ist, nichts dafür und nichts dagegen tun kann, dass ich es aus freien Stücken tue. Doch ich weiß ebenso, dass es ihm doch innerlich weh tut. Auch, wenn er sagt, dass es okay ist. Und ich möchte ihm trotzdem nicht mehr Leid, als nötig, zumuten.)
Ich bin mir darüber im Klaren, dass es mein Körper ist, den ich verletze.
Dass ich die Konsequenzen dieses Handelns tragen muss.
Dass es meine Entscheidung ist, mich zu verletzen.
Und ebenso bin ich mir darüber im Klaren, dass ich nicht den leisesten Anreiz verspüre, es nicht mehr zu tun.
Wozu sollte ich mich also von der allgemein herrschenden Meinungen, ob nun von Fachmenschen oder von anderen Betroffenen in Selbsthilfeforen, leiten lassen? Es als Ziel empfinden, SVV sein zu lassen und lieber ständig alberne Skills anwenden, die einen Dreck helfen und mich dazu noch in der „normalen Umwelt“ völlig lächerlich erscheinen lassen? (Bewerbungsgespräch – ich dissoziiere, oh nein! – ich beginne apathisch an einem Gummi, der um mein Handgelenk gespannt ist, herumzuschnippen… natürlich!)
Wozu diese Mühen, wenn es doch gar nicht das ist, was ich wirklich will? Wäre es denn gesünder, in diesen Momenten eine Zigarette mehr zu rauchen? Oder 1 Bier? Die Allgemeinhait scheint DAS ja in Ordnung zu finden. Aber ich nicht!
Ich muss keiner anderen Meinung folgen, um zu wissen, was gut für mich ist. Ich muss nicht das glauben, was mir eine Therapeutin einbläut. Ich muss niemandem glauben, der meint, das Beste für mich zu wissen, ohne die Fähigkeit zu besitzen, in mich hineinschauen zu können.
Ich kann selbst für mich entscheiden.
Ich muss in kein Staatssystem eingegliedert werden.
Ich muss in keine Opferrolle gedrückt werden.
Ich bin ich. Ich verletze mich.
Und das ist okay so.

2 Kommentare:

  1. in abgeschwächter form hat jeder schonmal SVV probiert, wenn man sich zb vor ärger auf die zunge beißt, oder wenn man nervös ist, die fingernägel in die handfläche gräbt. so kurzfristig funktioniert es ja auch, den schmerz als ventil zu verwenden. solange man es im griff hat, und es noch nicht zwanghaft ist, sehe ich da kein großes problem, es besteht aber die gefahr, dass man es immer häufiger anwendet und sich immer mehr schmerz zufügen muss. du scheinst in der phase zu sein, wo es noch nicht zwanghaft ist. pass auf, dass sich das nicht ändert, und du dich nicht selbst belügst wenn du sagst "ich kann jederzeit aufhören".
    was steht denn dahinter? gegen was genau hilft der schmerz? vielleicht findest du ja andere strategien, die sogar besser helfen? zb sport, entspannungsmethoden...

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  2. Danke für deine Meinung,
    natürlich betreibt jeder mal irgendwann in seinem Leben SVV. Die Frage ist ja auch immer, was man damit definiert...
    In dem Beitrag ging es mir vor allem um das Schneiden. Was nicht heißt, dass ich mich nicht anderweitig auch verletzen würde...

    Und auch gerade von diesem "Im Griff haben" sprach ich auch. Oder zwanghaft... die Frage ist wohl auch hier, was man damit definiert.
    Ob ich nun sage "Ich hab mich geschnitten, weil XY böse zu mir war und ich nicht anders damit umgehen konnte"... ist es dann zwanghaft/nicht im Griff?
    Denn genau das will ich vermeiden, diese Sätze, dieses Denken. Denn es ist doch einfach nur eine Ausrede. Niemand wird gezwungen, sich zu verletzen. Es bleibt die eigene Entscheidung und man selbst muss/sollte die Verantwortung dafür tragen. ICh glaube einach nicht, dass ich nicht anders KANN, sondern ich viel mehr nicht anders WILL. Ob es nun so stimmt, sei mal dahingestellt, aber letztendlich zählt doch nur, dass ich mich wohl fühle mit meinen Entscheidungen.
    Woran machst du eigentlich fest, dass das alles in verschiedenen Phasen abläuft? Meinst du anfangs ist es nur ein Ausprobieren und später wird es zwanghaft/man kann nicht mehr aufhören?
    Ich denke da anders. Es gibt viele unterschiedliche Gründe und so viele unterschiedliche Entwicklungen dazu.
    Ich finde es nicht wichtig, ob man sich nun oberflächlich ritzt, sich ins Fettgewebe schneidet oder auch mal gern Knochen und Sehnen freilegt. Und es ist ein Gerücht, dass Menschen sich nur als "Ventil" verletzen oder wegen Druck.
    Es gibt durchaus Menschen, die es gern tun... und auch geplant und sich drauf freuen, wie andere sich auf ein heißes Bad freuen.
    Achja und ich möchte auch nicht behaupten, dass ich mich nur des Schmerzes wegen verletze. Ich finde das Blut, die Narben und den "Nervenkitzel" bei gewissen Experimenten auch nicht zu verachten.

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