psychiatriekritisch


Mittlerweile bin ich ziemlich kritisch gegenüber der Psychiatrie und allem, was mit ihr in Verbindung steht, eingestellt...
Das hat sich über die Jahre (und nach vielen eigenen Erfahrungen) so eingestellt und ich schäme mich regelrecht dafür, dass es einmal anders war, dass ich früher nicht weiter nachedacht und hinterfragt, sondern alles „geschluckt“ habe...

Aufgrund eines doch sehr fragwürdigen Elternhauses und dementsprechend seltsamen Erziehungsstilen, hatte ich früher eine wohl sehr verschobene Wahrnehmung der Realität und den allgemeinen Normen, was „richtig“ und was „falsch“ sei.
Größtenteils auf mich allein gestellt und ziemlich hilflos entfloh ich dem Kreis und suchte das Weite.
So war ich ein gefundenes Fressen für das deutsche Psychiatriesystem.
Es war nicht schwer, hineinzukommen. Das ENTkommen war teilweise schwieriger.
Angefangen mit Kriseninterventionen in geschlossenen Psychiatrien, über zahlreiche Beratungsstellen, wie dem weißen Ring, der Opferhilfe, dem sozial-psychiatrischem Dienst, bis hin zu ambulanten Therapien, psychiatrischer Medikation, ambulant betreutem Wohnen und einer gesetzlichen Betreuung.

Es ist wirklich sehr leicht als „Opfer“ von dem „starkem System“ aufgenommen... betüdelt... bevormundet und entwürdigt zu werden. Dass es nur eine weitere Form des Machtmissbrauchs ist, fällt vielen nicht auf. Die meisten wollen es nicht sehen, da doch so alle Seiten gut bedient werden. Die Ärzte und Therapeuten arbeiten und kommandieren, die Pharmaindustrie macht Millionengeschäfte, sadistische Pfleger kommen ihren Neigungen nach und die armen Missbrauchsopfer und nun dauergeschädigten Irren können ihre Verantwortung in fremde Hände legen, sich an Betten fixieren und mit Medikamenten zudröhnen lassen. Es ist so einfach.

Und doch war ich ab einem gewissen Punkt unzufrieden.
Nämlich dem Punkt, ab dem ich nachgedacht habe. An dem es mir bewusst wurde, was da läuft und dass ich mittendrin stecke und im Grunde genauso „gefangen“ bin, wie in meiner missratenen Kindheit. Wollte ich nicht frei sein?! Bin ich es nun? Nein...

Ich habe mich seit dem über vieles informiert und noch mehr hinterfragt. Teilweise war ich einfach nur fassungslos, was Menschen mit sich machen lassen. Wozu andere Menschen teilweise gezwungen werden. Dass es noch Orte auf der Welt gibt, wo Menschen legal gedemütigt, entmündigt und verachtet werden dürfen. In Psychiatrien weltweit ist das der Fall. Die Regel.
Das ist schockierend.

Ich möchte nicht, dass der Gedanke aufkommt, dass ich grundsätzlich jede Art von fachmännischer Hilfe ablehne – nein! Hilfe ist in Ordnung, sogar sehr gut. So lange sie auch wirklich gefordert wird. 
Es ist einfach widerwärtig Menschen, die keine Hilfe wollen, gegen ihren Willen abzuführen, einzusperren, zu fesseln oder ruhig zu stellen. 
Es ist diskriminierend, wie Menschen mit psychischen Problemen in Schubladen gesteckt und für „Irre“ abgestempelt und eingesperrt werden. 
Es ist ekelhaft, wie die Gesellschaft sich das Recht herausnimmt, über „normal“ und „krank“ urteilen zu dürfen.

Und ihr Opferleute da draußen solltet evtl. mal darüber nachdenken, ob ihr euch das wirklich antun wollt. 
Ob ihr wirklich ein Leben ohne Eigenverantwortung verbringen wollt. 
Ob ihr euer Leben wirklich in Fremde Hände geben wollt...
Ich möchte es nicht.

9 Kommentare:

  1. Hallo!
    Ich habe mich jetzt einmal quer durch deinen gesamten Blog gelesen und mir sagen deine Gedankengänge sehr zu. Allerdings stellt sich mir die Frage, was bei dir zu diesem Umdenken geführt hat bezüglich Therapien und Selbsthilfeforen etc? Gab es da einen Knackpunkt?
    Außerdem brennt mir grade absolut auf den Nägeln (auch wenn ich mir irgendwie dämlich vorkomme, dich das zu fragen), wie du dir denn stattdessen geholfen hast?
    Ich hadere nun schon seit Jahren mit mir, meinen Gedanken und meinen Verhaltensweisen, möchte aber aus Angst vor Manipulation oder Entmündigung keine Therapie beginnen, daher frage ich.
    Liebe Grüße!

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  2. Hallo Kasia,
    freut mich, dass dir meine Gedanken zusagen.
    Ist schwierig zu sagen, ob es da einen ganz bestimmten Knackpunkt gab... aber auf jeden Fall hat mir ein Forum mit die Augen geöffnet. Ich hatte mich damals dort angemeldet, als es noch in den Anfängen lag. Inzwischen ist es sogar recht groß. Dort wird ein sehr offener und ehrlicher Umgang gepflegt und Eigenverantwortung sehr groß geschrieben. So konnte ich mir einiges an Wissen aneignen und habe gelernt, dass es eben doch sehr gut ist, selbstständig zu denken und die Verantwortung nicht abzuschieben. Gibt genügend Menschen, die schon schlimme Erfahrungen machen mussten im Bereich Therapie/Psychiatrie. Das denkt man gar nicht, wenn es einem selbst noch nie passiert ist.

    Was mir stattdessen geholfen hat? Gute Frage... Vielleicht das Denken, dass ich mich entweder:
    in meinen "krankhaften Gedanken und Verhaltensweisen" hineinsteiger... mich darin verliere und auf ewig im "Opfermodus" festhänge... das wäre sehr leicht und vielleicht würde ich auch schön betüddelt werden. Allerdings fühlt man sich ja auch schlechter, ist nur noch mit seiner Traurigkeit beschäftigt und hat kein Platz für Freude mehr.
    Oder:
    Endlich aufwachen. Wenn ich nicht als "komisch" gelten will, dann darf ich mich auch nicht so benehmen. Wenn ich will, dass mir geholfen wird, dann setz ich mich nicht hin und heule, wie schlecht es mir geht, sondern ich frage um Hilfe/suche mir eine Therapiemöglichkeit. Also im Grunde, einfach nur eigenverantwortlich sein.
    Das ist eindeutig der schwierigere Weg von beiden. Aber er hat ne Zukunft. Das Leben kann tatsächlich lebenswert sein.

    Das klingt ein bisschen, als stände ich nun schon mitten im Leben und habe alles im Griff. Ist so nicht. Hab noch zig tausend Baustellen überall... Eheprobleme, ganz viele Schwierigkeiten im sozialen Leben und nervige Ängste...
    Ist also noch wirklich Arbeit, die ich aber auch nicht an einem Stück schaffe. Ich versuch mich auch möglichst gut selbst zu analysieren und zu überlegen, wo ich wie handel und reagier. Und dann denk ich drüber nach, ob das nun angemessen ist oder eher nicht. Das hilft mir auch oft weiter.

    Deine Angst vor Manipulation und Entmündigung kann ich nachvollziehen. Daher hab ich auch sehr viel Respekt vor Fachmenschen. Aber man muss eigentlich nur beachten, wie viel man erzählt. Und von welchen Themen, um keinen Zwang ausgesetzt zu werden. Wenn du möchtest, schick ich dir den Link für das o.g. Forum. Dort findest du viele wichtige Informationen und es kann dir vielleicht auch noch weiter geholfen werden.

    Liebe Grüße :)

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    1. Hallo!

      Danke für deine ausführliche Antwort. Der Link würde mich sehr interessieren, vielleicht hilft er mir ja auch ein wenig weiter.

      Liebe Grüße!

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    2. Hallo Kasia, wollte dir eigentlich eine Mail über dein Bloggerprofil schicken, aber irgendwie funktioniert das nicht richtig. Kannst du mir deine E-Mail-Adresse hierlassen? Dann schick ich dir den Link. Ich möchte es nur ungern öffentlich preisgeben.
      Liebe Grüße!

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    3. Klaro :)
      E-Mail: longing.for.a.life@gmail.com
      Dank dir schonmal!
      Alles Liebe :)

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  3. Wow, ich bin geschockt und überrascht gleichzeitig.
    Erstens: Finde ich es klasse, dass du das schreibst, vor allem WIE.

    Dass man zu etwas gezwungen wird und die Therapeuten mit ihrer Macht spielen ist unprofessionell und tatsächlich gegen die Menschenwürde.
    Ist das überhaupt legitim und
    kann man dagegen überhaupt etwas tun?




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    1. Hallo Judith,

      legitim... spätestens mit dem richterlichen Beschluss ist so ziemlich alles legitim. Von der Fixierung bis hin zur Zwangsmedikation.
      Man kann etwas dagegen tun: Aufpassen. Und vorher genau informieren, was wer tun darf/muss und wovon das abhängig ist.
      Zum Beispiel: Zwangseinweisung in die Psychiatrie... Gründe: bei Eigen- bzw. Fremdgefährdung und akuter Suizidalität.
      -> so würde ich keinem Arzt/Therapeuten je sagen, dass ich momentan echt nur noch sterben will/mich umbringen will. (und sowas ist ja manchmal schnell gesagt, wenns einem wirklich mies geht)
      Dann kanns aber schnell passieren, dass Therapeut/Arzt sich in seiner Garantenpflicht berufen fühlt und eine Zwangseinweisung veranlasst.
      Hätte man verhindern können, wenn man manche Gefühle/Dinge eben für sich behält.
      Und wenn man denn mal in der Geschlossenen sitzt, und wirklich wieder raus will, sollte man sich eben auch entsprechend verhalten. Es nutzt nichts, zu randalieren und protestieren. Das führt nur zu weiterem Zwang. -> Möglichst angepasst, beherrscht und einsehend zeigen. Dann kann man auch bald wieder gehen.
      Das ist so ziemlich das Beste, was man tun kann.
      Sich informieren.

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    2. Schrecklich, was die da veranstalten.
      Durch Zwang irgendwelche Erkenntnisse vermitteln zu wollen ist ja wohl viel zu eindimensional gedacht und auch definitiv der falsche Weg.
      Ob dass einem Menschen hilft, muss ja wohl gar nicht erst zur Debatte stehen.
      Ich kann mehr als nachvollziehen, dass du dich dagegen entschieden hast.

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